Wer was ändern will braucht ein Problem
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In manchen Krisensituationen fragen sich Menschen nach dem Sinn des Lebens. Ich stelle nun die Frage nach dem Sinn von Liebesbeziehungen und Partnerschaften. Selbstverständlich erhoffen sich die meisten Menschen davon ein glückliches Leben, unbegrenzte Liebe und tollen Sex.
Aber in der Realität sind ebenso viele Menschen ständig damit beschäftigt, die/den richtig(n) Partnerin dafür zu finden oder damit, die/den augenblickliche(n) Partnerin so umzumodeln, dass er/sie zu diesen Vorstellungen von eine(r/m) „richtigen" Partnerin passt! Ist der/die andere nicht bereit, sich diesen Erwartungen anzupassen, sind Streits, Schuldzuweisungen und Machtkämpfe die Folge. Am Ende herrscht Resignation, Wut oder Angst, wartet die Trennung.
Wenn wir einen Blick in die Nachbarländer werfen, sehen wir, dass hinter der glatten Fassade oft Leere und Langeweile lauern. Oder wir bemerken, dass das angeblich so glückliche Paar von nebenan nur in einer symbiotischen Verstrickung steckt, in der die Eigenständigkeit und Individualität der Einzelnen geopfert wurde.
- Gibt es einen Ausweg?
- Gibt es einen Weg, der Sinn ergibt?
Vielleicht kann ich dich noch einmal einladen, dich für einen Moment auf meine Sicht der Dinge einzulassen. Möglicherweise kannst du dich darauf einlassen, mit dem Gedanken zu spielen, dass Partnerschaften überhaupt nicht dazu da sind, im gewünschten Sinn zu funktionieren. Vielleicht sind die krisenhaften Situationen, an denen wir so oft leiden, gar keine Fehlfunktionen, sondern das eigentliche Gold einer Liebesbeziehung.
Möglicherweise können wir viel über uns lernen, wenn wir unsere Partner als Spiegel für uns selbst betrachten und die Partnerschaft als Symbol für unser Verhältnis zu uns selbst. Unsere Partnerin könnte uns helfen, uns selbst klarer zu erkennen.
Im Spiegel des/der Partner(s/in) müssen wir diesen unseren Seiten wieder ins Antlitz schauen. Im Wiederentdecken und wieder Annehmen dieser verbotenen Zonen unseres Seelenlebens besteht dann der Weg der Heilung.
Darum ist es kontraproduktiv, die/den Partnerin mit Schuldzuweisungen zu überhäufen, im Sinne von: Weil du so bist und dies machst, sind in mir Gefühle entstanden, die ich nicht mag. Du musst dich ändern, damit es mir wieder besser geht! Produktiv wäre zu sagen: Danke, dass du mich in so unangenehme Gefühle gebracht hast. Ohne dein Zutun hätte ich evtl., nie bemerkt, welch ungeheilte Wunden in mir schlummern!
Möglicherweise habe ich dich unbewusst genau deshalb ausgesucht, weil das, was meinem Verstand an dir nicht passt, genau das ist, was zu meinem inneren Wachstumsprozess so gut passt. Mein blinder Fleck besteht nicht darin, dass ich nicht erkannt habe, wer du wirklich bist, sondern dass ich nicht erkennen möchte, dass die Schmerzen, die mich im Moment quälen, von dir stammen.
Und dann könnte sich der Sinn einer Partnerschaft erfüllen. Wir würden reifen aneinander! Wir könnten begreifen, dass das Leben ein Wachstumsprozess ist. Und dass Wachstum eben manchmal mit Schmerzen verbunden ist, ja, dass jeder Wachstumsschritt so etwas wie eine kleine Geburt ist, bei der ein weiterer Teil unseres Potenzials in die Welt kommt. Und Geburten sind oft von Anstrengungen und Schmerzen begleitet, enden aber dann doch in einer beglückenden Erlösung!
Überhaupt würde es uns guttun, wenn wir mehr Vertrauen in die Entfaltung des Lebens aufbrächten. Wenn wir am Ende eines langen Winters die ersten Knospen sehen, freuen wir uns darüber. Wenn die Knospen sich dann zu Blüten weiterentwickeln, bestaunen wir deren Schönheit. Dann verwelken die Blüten, das ist zwar schade und wir bedauern den Verlust dieser Schönheit, aber wir nehmen es gelassen, weil wir die Erfahrung haben, dass jetzt Früchte reifen, die uns schmecken werden. Eine neue Stufe der Entfaltung des Lebens, mit neuen Qualitäten, so wie die Pubertät des Menschen die Unschuld des Kindes kostet, aber die Freuden der Sexualität schenkt. Bei all diesen Entfaltungsstufen können wir den Fortschritt beobachten und haben deshalb Gewissheit. Aber dann kommen Tiere und fressen die Früchte. Und wir sind entsetzt. Verwandelt sich doch die süße Frucht jetzt in stinkenden Kot. Aber, was wir nur schwer beobachten können, ist: In diesem Mist sind jetzt die Samenkörnchen versteckt, die unter günstigen Bedingungen im nächsten Jahr neue Pflanzen, neues Leben entstehen lassen.
Es könnte hilfreich sein, die Entfaltung des Lebens in unseren Partnerschaften ähnlich zu sehen. Da sind Stufen des inneren Wachstums, die sind leicht und offensichtlich, wie der Übergang von der Knospe zur Blüte. Und es gibt die krisenhaften Zuspitzungen, wenn sich Glück und Zufriedenheit in der Partnerschaft in stinkige Konflikte verwandeln und wir glauben, dass alles, was von unseren Partnern kommt, nur Mist ist. Wenn wir genau in diesen Situationen erkennen könnten, dass in diesem Mist der Samen für eine viel weitergehende Entfaltung steckt. Wie schade es ist, diesen Mist einfach fortzuwerfen, nur weil es im Moment etwas Schmerzen bereitet, statt mit Geduld und Ausdauer das Keimen des Samens zu unterstützen.
Wahrlich, das Leben bringt nichts Schlechtes hervor. Nur unser Festhalten an den vergänglichen Formen macht uns unglücklich. Versuch doch einmal in einer Situation, die du als Krise deiner Beziehung bezeichnen würdest, das Wort Krise wörtlich zu nehmen, denn Krise heißt Wendepunkt. Dein Leben beabsichtigt eine neue Richtung einzuschlagen, etwas Unbekanntes will sich zum Besseren wenden. Es braucht nur noch dein Vertrauen, dass es wirklich besser werden will. Wahrscheinlich ist es dann wenig sinnvoll, auf die/die Partnerin einzudreschen, mit dem Ziel, das alte Muster eurer Beziehung wieder herzustellen. Wahrscheinlich ist es auch nicht progressiv, aus der Beziehung davonzulaufen. Möglicherweise liegt der Sinn der Krise darin, dass DU dich änderst! Dein Wachstum wird vom Leben eingefordert. Hier liegt deine Chance. Jetzt und immer wieder!