Über Liebe wird am meisten geschrieben, gesprochen und gedacht wird.
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Liebe ist ein evolutionärer Prozess, der Menschen zusammenbringt und die Fortpflanzung und das Überleben der Spezies fördert. Liebe wirkt sich positiv auf das Miteinander, das Vertrauen, die Nähe und die Geborgenheit aus, die für das menschliche Wohlbefinden von großer Bedeutung sind.
Liebe ist wohl das Thema, zu dem auf der Welt am meisten geschrieben, gesprochen und gedacht wird. Es umgibt uns täglich in unserer persönlichen Erfahrungswelt, in den Medien oder wenn Freunde am Telefon traurig über Liebeskummer klagen. Wer nach einer verbindlichen Definition für dieses Thema sucht, der wird enttäuscht. Die Natur hat keine Vorgaben dazu gemacht, was Liebe zu sein hat und was nicht. Wie jemand liebt oder wie in einer Partnerschaft Liebe erlebt wird, bleibt jedem selbst überlassen. Vielleicht bleibt als kleinster gemeinsamer Nenner übrig, dass Liebe einfach eine Zusammenfassung des Gefühlsspektrums ist, das Menschen füreinander empfinden.
Letztlich ist Liebe ein Kopfprodukt. Jeder hat eine andere Vorstellung und diese ist darüber hinaus von der jeweiligen Kultur des Landes und der Eltern geprägt. „Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen“. Kinder übernehmen oft die Vorstellungen und Glaubenssätze 1:1, bewusst oder unbewusst.
Warum lieben wir überhaupt?
Im Kapitel über den Egoismus der Liebe habe ich bereits die Feststellung getroffen, dass Liebe etwas durch und durch Egoistisches ist. Ein Mensch liebt einen anderen Menschen nicht aus reiner Nächstenliebe heraus. Man liebt, um ein ganz existenzielles Bedürfnis zu erfüllen. Der Mensch ist nicht dafür geschaffen, allein zu sein. Einsamkeit kann körperlichen Stress auslösen und dieser wiederum macht krank. Wir benötigen also menschlichen Kontakt. Das liegt sozusagen in den Genen. Dabei geht es natürlich nicht um eine beliebige Gesellschaft, sondern um die Gesellschaft eines lieben und bestenfalls geliebten Menschen. Erwähnen möchte ich, dass das Bedürfnis an sozialen Kontakten sehr unterschiedlich sein kann. Auch hierzu gibt es keine Vorgaben, jeder Mensch ist anders.
Dem Gefühl der Getrenntheit entkommen
Wer allein ist, fühlt sich getrennt von anderen. Diesem Gefühl des Getrenntseins kann man entrücken, indem man sich mit anderen verbindet. Man füllt den Raum mit Gefühlen wie Zärtlichkeit, Verbundenheit und erweitert so die Selbstwahrnehmung auf die Rückmeldung eines anderen. Außerdem geht es um Anerkennung. Liebende erkennen einander wortlos an und akzeptieren auch die Schwächen des Gegenübers. Das wiederum stärkt den Selbstwert und das Selbstvertrauen.
Wobei es hier auch Unterschiede gibt. Es ist ein Unterschied, ob ich
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Single und allein bin.
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ob ich in einer unglücklichen Partnerschaft und allein.
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ob ich in einer glücklichen Partnerschaft und allein bin.
In den ersten beiden genannten Fällen spürt man oft Einsamkeit, was im Letztgenannten wohl nicht der Fall ist. Im Fall 2 kommt es auch vor, dass mehrere Gefühle aufkommen. Einsamkeit, Sehnsucht nach einer glücklichen Beziehung, glückliche Entspannung, keinen Beziehungsstress zu haben.
Wenn man einen anderen Menschen benötigt, um glücklich zu sein, ist man abhängig. In einer Liebesbeziehung mit Bindung ist das Eigenglück und die Selbstzufriedenheit ein wichtiger Baustein. Das ist natürlich eine gewisse Ambivalenz. Einerseits sucht der Mensch einen Liebes- bzw. Lebenspartner, andererseits ist der eigene innere ruhende Pol und eine gewisse Unabhängigkeit vom Partner auch wichtig. Dazu mehr im Kapitel „Einsamkeit und Alleinsein“.
Der Unterschied zwischen Liebe und Liebesverhalten
Liebe und der Ausdruck der Liebe können zwei verschiedene Dinge sein. Das, was ich sende und was der andere empfängt, können zwei unterschiedliche Dinge sein.
Dazu ein Beispiel aus meiner Praxis
Ich erinnere mich an ein Klientenpaar in meiner Praxis, bei dem es einen großen Missklang zwischen der Liebe und der Liebeskommunikation gab. Sabine war ein sehr häuslicher Mensch mit wenigen, dafür umso innigeren Freundschaften, die ihre Wochenenden am liebsten gemeinsam mit ihrem Partner zu Hause verbrachte. Beruflich war sie in der Eventbranche tätig, hatte sehr viel mit Menschen zu tun und sehnte sich daher an den Wochenenden nach Holgers Nähe. Ihr Partner Holger dagegen hatte einen großen Freundeskreis und verbrachte viel Zeit mit den „Jungs“. Sabine empfand seine regelmäßigen Männerabende als bewusste Distanzierung von ihr und verstand nicht, warum er ihr Bedürfnis nach Nähe nicht teilen konnte. Er wiederum interpretierte ihren Wunsch nach mehr gemeinsamer Zeit als ein Klammern, denn jedes Mal lud er sie dazu ein, doch mitzukommen. Stattdessen bestand sie auf trauter Zweisamkeit zu Hause.
Das Problem der beiden bestand darin, dass Liebe vorhanden war, die Kommunikation darüber aber misslang. Sabine hätte sagen können: Ich liebe dich und möchte daher mehr Zeit mit dir allein verbringen. Und Holger hätte sagen können: Bei mir kommt keine Liebe an, sondern eher das Gefühl, ich wäre dein Besitz. Missverständnisse wie diese lassen sich durch eine gute Liebeskommunikation vermeiden. Denn in einer Partnerschaft behält man nicht nur seine eigenen, sondern auch die Gefühle des Partners gleichermaßen im Blick.
[1] Augustinus Aurelius (354 - 430), Bischof von Hippo, Philosoph, Kirchenvater und Heiliger